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Definition: Graphical Abstract
Ist ein Graphical Abstract eine Infografik für Wissenschaftler? Oder eine strategische Visualisierung? Eine schematische Abbildung? Hier der Versuch etwas Licht in die Begriffsverwirrung zu bringen, mit meiner Sicht auf die Dinge.
Das Graphical Abstract als Ergänzung zu einem publizierten Artikel
Im engeren Sinne ist ein Graphical Abstract eine visuelle Entsprechung zum klassischen Textabstrakt eines wissenschaftlichen Artikels. Beides ersetzt nicht das Lesen des Artikels, sondern soll dem Leser einen schnellen Überblick erlauben. Das hilft zu entscheiden: weiterlesen oder weiterklicken?
Obwohl die Darstellungsweise und das Format sich von Journal zu Journal unterscheiden, ist die Grundidee immer die Gleiche: durch eine (selbst)erklärende Grafik einen Hauptaspekt des wissenschaftlichen Artikels darzustellen. Vor allem in den sozialen Medien lässt sich dadurch ein Artikel besser bewerben und teilen. Durch ein Graphical Abstract wird die eigene Wissenschaft – im wahrsten Sinne des Wortes – sichtbarer.
Graphical Abstract oder Visual Abstract?
Die kurze Antwort: es meint das Gleiche. Aus dem Bereich der Chemie kommt der Begriff des Graphical Abstract, aus dem Bereich der Medizin der des Visual Abstract. Die Grundidee ist identisch, und in vielen Bereichen werden die Begriffe austauschbar verwendet.
Naturgemäß unterscheidet sich die Darstellungsart zwischen den Disziplinen. Bei der Darstellung der Ergebnisse klinischer Studien bietet es sich an, das Studiendesign vorzustellen, die wesentlichen Ergebnisse und die Implikationen, die sich aus der Studie ergeben. Daher ist das Visual Abstract der Mediziner oft dreiteilig aufgebaut. Die visuelle Aufbereitung besteht in der Verwendung von Icons, um dem Betrachter Kontext zu geben, sowie das in Szene setzen der wesentlichen statistischen Zahlen.
Im Gegensatz dazu besteht das Graphical Abstract der Chemiker aus dem Bereich der Synthese üblicherweise nur aus einem einzigen Feld und zeigt eine Reaktion mit Strukturformeln.
In den Lebenswissenschaften wiederum enthalten die Veröffentlichungen häufig Antworten auf mechanistische oder konzeptionelle Fragestellungen. Die daraus entstehenden Graphical Abstracts illustrieren die untersuchten Prozesse und ordnen die Ergebnisse der Veröffentling in einen größeren Zusammenhang ein. Hier ist ein Graphical Abstract eine konzeptionelle Abbilung, die in der Regel als Schemazeichung erscheint, aber zum Beispiel auch das Format eines Comics annehmen kann.
Über den Tellerrand geschaut
Abseits der klassischen Verwendung als Begleitung zu einem wissenschaftlichen Artikel ist eine grafische Zusammenfassung auch in anderen Bereichen der Wissenschaft eine Bereicherung. Für Förderanträge zum Beispiel sind es strategische Visualisierungen, die erklären, welche Fragestellungen wie untersucht werden sollen. In Netzwerkanträgen kann zudem dargestellt werden, wie die beteiligten Forschergruppen gemeinsam die Fragestellung angehen und wo wessen Expertise liegt. Da die Idee des Graphical Abstract für viele andere Formate, in denen Wissenschaft kommuniziert wird, von Nutzen ist, beschränke ich die Definition eines Graphical Abstracts nicht auf wissenschaftliche Artikel. Für mich ist ein Graphical Abstract alles, was eine visuelle Zusammenfassung über eine wissenschaftliche Erkenntnis oder Idee ist. Ungeachtet des Verwendungszweckes.
Abgrenzung und Gemeinsamkeiten
Es ist keine Datenvisualisierung. Ein grafisches Abstrakt ist keine Aneinanderreihung von Datenvisualisierungen wie Balkendiagrammen, Scatter Plots etc. Es enthält wenig oder keine primären Daten, stattdessen wird das Konzept und der große Zusammenhang in den Vordergrund gestellt. Deshalb ist es auch keine gute Idee, den schönsten Plot oder die hübscheste Färbung als Graphical Abstract umzudefinieren. Diese Einzelaspekte sind weder selbsterklärend, noch vermitteln sie Kontext. Das wird dem Format nicht gerecht und der Mehrwert für den Leser ist gleich null.
Ein Graphical Abstract kann als eine Form von Wissensvisualisierung oder Informationsvisualisierung betrachtet werden. Der Zweck besteht darin dem Betrachter Wissen kompakt und übersichtlich zu vermitteln. Um diesen Zweck zu erfüllen, ist gutes Design unterstützend notwendig. Die Reihenfolge lautet demnach: erst die Botschaft, dann das Design. Hierin unterscheidet sich der Ansatz von vielen Infografiken, die oftmals ansprechendes Design in den Vordergrund stellen und die Daten dem Design unterordnen. Dadurch geschieht es, dass die eigentlichen Aussagen verzerrt dargestellt oder unnötig schwer erkennbar sind.
Meine Graphical Abstracts sind ein Stück visuelle Wissenschaftskommunikation. Es steht immer die Wissenschaft im Vordergrund und der Anspruch die wissenschaftlichen Aussagen so einfach wie möglich zu vermitteln. Das Design unterstützt die Aussagen und bietet dem Leser Orientierung. Daher ist mein Design schnörkellos einfach und verzichtet auf Effekte ohne inhaltlichen Mehrwert wie zum Beispiel Schatten, Farbverläufe und 3D Ansichten.
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